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24. Dezember 1934 bis 1. April 2018 Ein Großer der Fossilien-Szene hat uns verlassen
So sah man ihn auf den Börsen, ruhig, manchmal fast stoisch, ein wahrer Fels in der Brandung des Börsengetümmels. Viele werden Johannes Porombka in dieser Pose in Erinnerung behalten. Foto A.E.R.
Er war eine markante und unverkennbare Gestalt auf den Fossilienbörsen – Johannes bzw. „Hannes“ kannte jeder.
Er war nicht unbedingt ein ruhiger Mensch, obwohl er auf den ersten Blick diesen Eindruck machte. Er konnte durchaus auch lebhaft sein. Aber er war insgesamt ein bescheidener und eher zurückhaltender Mensch. Er konnte wunderbar erzählen. Für mich war es immer ein Erlebnis und eine Freude, eine Weile mit ihm zusammen sein zu können und ihm zuzuhören. Ich schätzte und bewunderte ihn.
Leider traf ich ihn nur auf Fossilienbörsen, meist in Sainte-Marie-aux-Mines, aber auch in München und auf der „Petrefakta“ in Leinfelden.
Dies nun sind Bilder nicht von Börsen, sondern von provençalischen Wochenmärkten, die er recht gerne besuchte. Er bot dort schöne Fossilien an, durchaus auch Sammler-relevante Stücke, also ein nicht etwa nur auf Touristen zugeschnittenes Angebot. Solange das legal war, verkaufe er natürlich auch seine großartigen Porvence-Fische.
Wenn ich mich recht erinnere, begegnete ich ihm zum ersten Mal auf solch einem Markt, einem ganz normalen und typischen provençalischen Wochenmarkt, irgendwann in den 1980er oder frühen 1990er Jahren; vielleicht war das in Draguignan. Da sprachen wir aber nur wenig miteinander. Mir fielen nur seine schönen Fossilien auf.
Johannes Porombka wurde am Heiligabend 1934 geboren und starb am Ostersonntag, dem 1. April 2018. Geboren wurde er im damaligen Schlesien. Unter seinen Vorfahren waren einige Prominente wie z.B. ein Papst-Sekretär und der Komponist Franz Eckert (1852-1916), der unter anderem die westlichen Fassungen der japanischen Nationalhymne und eine koreanische Hymne schuf.
Johannes hatte ein sehr bewegtes und abenteuerliches Leben gehabt. Ich weiß nicht viel darüber, weil sich unsere Gespräche eigentlich immer nur um Fossilien (im weitesten Sinne) drehten. Aber er war wohl zur See gefahren, hatte in Norwegen in einer Konservendosen-Fabrik gearbeitet und dies und das gemacht. Einige Zeit arbeitete er in einem Club Méditerranée im französischen Mittelmeer-Raum als Schwimm- und Tauchlehrer.
Wie er zu den Fossilien kam, weiß ich auch nicht. Aus seinem Börsenleben gibt es jedenfalls einige nette Anekdoten wie z.B. diese: Hannes hatte einen Tisch voller schöner Fische aus dem Provence-Oligozän auf einer der frühen Börsen in Bielefeld. Ein wohlbekannter Hamburger Händler stand vor dem Tisch und schaute sich das Angebot gründlich an. Und dann passierte das, wovon jeder Aussteller träumt: „Einpacken, ich kaufe alles!“
Hören wir Reinhard Schmode: "Seine ersten Exkursionen führten ihn nach Marokko, auch hier wurde prospektiert. Anfänglich fuhr er mit Hans Peukert, später immer wieder alleine. Er kannte dadurch vom Westen bis in die Wüstengebiete Land und Leute, die ihn achteten und seinen Rat suchten. Auch nach Mauretanien und Mali führte sein Weg, auf der Suche nach Fossilien und Artefakten. In Timbuktu (Krankenhaus desolat) kurierte er sich wieder einmal aus, diesmal war es eine fast tödliche Malaria-Erkrankung gewesen."
Und er reiste auch nach Madagaskar, in ein Land, das ihm wegen seiner Unberührtheit und wegen der großartigen Natur besonders gut gefiel. Hier lernte er in den 1980er Jahren in einem Hotel einen Franzosen namens Pierre soundso kennen, der darüber nachdachte, Kühlschränke zu importieren und damit ein Geschäft zu machen. Die Sage erzählt: Bei den Unterhaltungen kam man darauf, doch mal nach Fossilien zu suchen und einen entsprechenden Export aufzubauen. Johannes besorgte die Arbeiten von Maurice Collignon, um Fundstellen zu ermitteln. Teilweise führten sie die Expeditionen mit dem Boot durch, aber auch auf Ochsenkarren. Man suchte nach Jurafossilien – die weißschalige und hochdiverse Fauna mit den Riesen-Ammoniten ist mittlerweile weltberühmt. Danach wurden die Lagerstätten der Unterkreide-Ammoniten untersucht - alle Sammler kennen die wunderbar irisierenden Ammoniten des Alb.
Reinhard Schmode erzählt: "Zur Reihenfolge seiner vielen Madagaskar Exkursionen: Zuerst war er mit Pierre im Sakaraha-Gebiet (Oxford-Ammoniten), später mit Pierre in der Provinz Mahajanga (Alb-Ammoniten). Vorher war er auch auf der Suche nach Cenoman-Fundstellen (Groß-Ammoniten) im Menabe Gebiet. Allein war er im Norden unterwegs, im Diego-Suarez-Gebiet (Antsiranana), auf der Suche nach Maastricht -Seeigeln. Im Gebiet Belo sur Tsiribihina war er auf der Suche nach aberranten Ammoniten, die er auch fand."
Aus diesen Lagerstätten der entrollten Campan-Ammoniten stammen auch die hochinteressanten Schildkröten-Eier, die Hannes als Erster nach Europa brachte. Wegen seiner großartigen Madgaskar-Fossilien und seiner umfassenden Kenntnisse nannten ihn die Amerikaner "Madagascar-Hans".
Natürlich war dieses abenteuerliche Leben nicht unbedingt gesund; Johannes hatte Malaria, kam aber dank seiner robusten Natur immer gut zurecht. Aufregend war es sowieso immer, es gab Schönes, aber auch Hässliches wie den Diebstahl seiner Brieftasche – im dicht besetzten Bus durch Aufschlitzen der Tasche entwendet.
Johannes war auch bereit, anderen mit seinen Kenntnissen zu helfen. Er protegierte also andere Sammler und Händler wie z.B. Dietmar Seeh, Lars Berwald und Bruno Tesseron. Seine Madagaskar-Kenntnisse gab er während gemeinsamer Einkaufsfahrten gerne an diese "jungen" Leute weiter.
Lange Jahre wohnte er in Reillane, gerade mal 6 Kilometer nordöstlich von Céreste und damit sozusagen im Herzen der oligozänen Plattenkalke. Auch an seinem Wohnort standen die Plattenkalke an, mit guten Fundmöglichkeiten für Fische und sonstige Fossilien. Johannes führte mit Genehmigung des Grundbesitzers kleine Grabungen durch. Die gefundenen Fossilien, meist Fische, hin und wieder aber auch Besonderheiten, präparierte er selbst. Als das Land „Reserve Naturelle“ geworden war, war es selbstverständlich vorbei mit dem Abbau.
Johannes in einer Grabungsstelle. Als das noch legal möglich war, grub er hier oft und erfolgreich in den oligozänen Plattenkalken. Die unteren beiden Bilder zeigen ihn beim Plattenspalten und „Richten“ der Platten.
Johannes bei der Präparation eines Fisches. Er brachte es zu wahrer Meisterschaft in der Freilegung der Fossilien aus den Plattenkalken. Fotos Reinhard Schmode; etwa 1986.
Hannes war auch viel auf Wochenmärkten in der Provence, um Fossilien zu verkaufen, "Seine Märkte“, wie er immer sagte. Das machte ihm Spaß.
Später kaufte er sich ein kleines Haus in der Provence in einem Dörfchen namens Lardiers im Arrondissement Forcalquier, Département Alpes-de-Haute-Provence.
"Börsenbilder" Auf der Börse in Sainte-Marie-aux-Mines im Jahr 1999. Unten auf dem Tisch vor allem große Ammoniten aus dem Oberjura Madagaskars, im Regal aber seine bestens präparierten Oligozän-Fische. Fotos A.E.R., 1999.
Ein Aepyornis-Ei aus Madagaskar. Auch solche Fossilien bot Johannes an – auf den Börsen waren das wichtige Blickfänger genau wie seine Riesen-Ammoniten und die Entrollten. Foto A.E.R. Ein Börsenfoto aus dem Jahre 2005. Johannes beim Erklären: „Und das musst Du auch bedenken!“ Das Fossil-Angebot hat sich gewandelt. Neben einigen Oberjura-Riesen aus Madagaskar gibt es auch viele madagassische Unter- und Oberkreide-Ammoniten. Die Provence-Fische wurden ersetzt durch Green-River-Fische. Foto A.E.R.
Das große Lytoceras vom vorigen Bild in einer Großaufnahme. Und man bedenke – das ist nur ein Phragmokon! Welch ein Riese das gewesen war! Foto A.E.R.
Börsenfotos aus den Jahren 2010, 2011 und 2012. Er hatte immer ein großartiges Fossil-Angebot; auf dem Bild sehen wir vor allem Wyoming (Green-River-Fische) und Madagaskar und ein wenig Marokko. Fotos A.E.R.
Einer der meisterhaft präparierten Bostrichoceraten aus dem Campan Madagaskars. Madagassen und einige Australier. Ein Teil des großartigen Angebotes von Johann auf der Sainte-Marie-Börse im Juni 2013. Foto A.E.R. Und schließlich noch eines meiner schönsten Sammlungsstücke, das ich Hannes und Reinhard verdanke: Spiroceras orbignyi (BAUGIER & SAUZÉ, 1843). Die Ammoniten sind verkieselt und stammen aus dem Bajocien (Garantiana-Zone) der berühmten Lokalität Monts d'Or Lyonnais, Département Rhône. Foto A.E.R.
Johannes promeniert, gedankenvoll. Foto Reinhard Schmode; 2011.
In einem Straßen-Café, bei angeregter Unterhaltung. Fotos Reinhard Schmode; 2011.
Beim Steinpilze suchen im Juli 2013, gleich hinter seinem Haus, mit Reinhard Schmode. Gute Ernte! Foto Alfred Schindler. Frühstück zuhause, mit Pfefferminz-Tee und Lavendel-Honig. Pfefferminz-Tee war absoluter Warmgetränke-Favorit, er liebte ihn sehr.
Johannes auf der Petrefakta im Jahr 2015. Mein letztes Foto von Hannes. Foto A.E.R.
Und so werde ich ihn in Erinnerung behalten!
Er wird ganz gewiss nicht vergessen werden in den Kreisen der Fossiliensammler. Man wird oft über ihn reden, wenn man zusammen sitzt, man wird an seine freundliche und liebenswerte Art denken und in Gedanken auch seine wunderbaren Fossilien
Adieu, Johannes!
Herzlichen Dank für die helfenden Worte an Reinhard Schmode, der auch viele Fotos zur Verfügung stellte.
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