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Biostratigraphie

 




 

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Leitfossilien - kurzlebig, faziesunabhängig und weitverbreitet

Von Andreas E. Richter (17. Juli 2004)

Dass bestimmte Gesteinsschichten durch nur für sie typische, eben "leitende" Fossilien gekennzeichnet sind, wurde schon früh erkannt: MARTIN LISTER (1638 - 1711) z.B. erwähnt diese Beobachtung, glaubte allerdings noch an die "Urzeugung" solcher "Naturspiele" und erklärte, dass verschiedene Gesteine logischerweise auch verschiedene Fossilien erzeugen müssten.

Gleiche Fossilien - gleiche Schichten

Auch ROBERT HOOK (1635 - 1703) sah in Fosilien die Überreste von Lebewesen. Die in verschiedenen Gesteinsschichten voneinander abweichenden Tier- und Pflanzenreste erklärte er - wie viele andere - mit mehreren Katastrophen, die alle bisherigen Lebensformen auslöschten. Anschließend mussten dann jeweils neue Formen entstehen.

Dass für Fossilien eine erdgeschichtliche Abfolge gilt, wurde von vielen Wissenschaftlern erkannt. Der eigentliche Vater der Stratigraphie und der Leitfossilkunde war WILLIAM SMITH (1769 - 1839; "Strata Smith"). Als erster beschrieb er detailliert die Abfolge bestimmter Schichten und ihren Fossilinhalt. Ermöglicht haben ihm das seine Beobachtungen bei Kanalbauten in England. SMITH war von Beruf das, was man heute einen Tiefbau-Ingenieur nennen würde.

Seine Feststellung gilt heute noch:

Gleich alte Schichten enthalten - auch bei abweichender Fazies - gleiche Fossilien, während verschieden alte Fossilien niemals gleiche Fossilführung haben können.

Stratigraphie ist...
Nach O. H. SCHINDEWOLFs Definition ist die Stratigraphie "...derjenige Zweig der historischen Geologie, der die Gesteine nach ihrer zeitlichen Bildungsfolge zu ordnen und eine Zeitskala zur Datierung der geologischen Vorgänge und Ereignisse aufzustellen hat."

Unterschieden werden hierbei:

Lithostratigraphie.
Sie stellt eine erste systematische Ordnung einer Schichtfolge her, indem sie gesteinsmäßig einheitlich aufgebaute Schichtpakete als Formationen oder Abteilungen abgliedert. Diese können nach Bedarf an Hand geringerer Gesteinsdifferenzen in Stufen oder unter Umständen in Unterstufen unterteilt werden und auf der anderen Seite mit gesteinsmäßig ähnlich ausgebildeten Schichtpaketen im Hangenden und Liegenden zu Gruppen oder Systemen zusammengeschlossen werden.

Chronostratigraphie.
Da in der Lithostratigraphie durch den Gesteinscharakter, d.h. also durch die Gesteinsfazies bestimmte Einheiten ausgegliedert werden, gleiche Faziesentwicklung aber in verschiedenen Gebieten verschieden große Zeiträume umfassen kann und gleiche Gesteinsfazies in verschiedenen Zeitabschnitten auftreten kann, gestattet die Lithostratigraphie keine zeitliche Korrelationvon Gesteinsfolgen verschiedener regional getrennter Gebiete. Sie muss daher in einen Zeitmaßstab eingefügt werden, durch den eindeutig umschriebene Zeiteinheiten festgelegt werden. Diese gewinnt man mit Hilfe der Leitfossil-Arten. Durch sie werden die Zonen (Biozonen) oder Horizonte festgelegt.

Das chronostratigraphische Ordnungssystem baut somit auf dem lithostratigraphischen auf, ist aber gegenüber diesem, das nur die konkreten Gesteinseinheiten berücksichtigt, ein abstrahiertes System der Zeiteinheiten, die durch die Leitfossilien bestimmt werden. Die chronostratigraphischen Abschnitte brauchen mit den Abgrenzungen der lithostratigraphischen Einheiten nicht zusammenzufallen. Eine Zonengrenze kann mitten durch eine lithistratigraphische Einheit verlaufen. Beide Systeme sind notwendig und ergänzen sich.

Hauptaufgaben der Stratigraphie sind:
a)
die Feststellung des Fossilinhaltes,
b) die Ermittlung der Schichtabfolge,
c) der regionale und überregionale Vergleich der Schichtfolge (Parallelisierung, Korrelation = Gegenüberstellung) und
d) die Aufstellung einer stratigraphischen Tabelle, wodurch die relative zeitliche Folge geklärt wird und, wenn absolute Zeitwerte gegeben sind, die mit Hilfe chronometrischer Methoiden gewonnen wurden, auch Aussagen über das absolute Schichtalter möglich werden.

Wir können also unsere Leitfossilien als "Zeitmarken" betrachten. Neben diesen stratigraphischen Leitfossilien, um die es uns hier ausschließlich geht, gibt es auch noch sogenannte "Faziesfossilien". Sie ermöglichen u.a. ökologische Aussagen, unabhängig vom Zeitfaktor. Ihr Auftreten hängt mit dem ehemaligen Ablagerungsraum und den Bedingungen der Gesteinsbildung zusammen.

Zonenleitfossilien

Alle Schichtfolgen werden systematisch gegliedert und in einander übergeordnete Einheiten zusammengefasst. Die wichtigsten sind:

Ärathem = Zeitalter (z.B. Mesozoikum), eine chronostratigraphische Einheit, der im allgemeinen keine lithostratigraphische Einheit zugeordnet ist, da zeitlich so lange andauernde Abschnitte nicht als konkrete Profil- und Gesteinseinheiten repräsentiert sind.

System (z.B. Kreide-System), die konkrete Schichtfolge, die sich mehr oder weniger vollständig während der Kreide-Periode gebildet hat.

Serie (z.B. Unterkreide), die konkrete Schichtfolge, die während der Unterkreide entstanden ist, Stufe (z.B. Hauterive), in welcher die Ablagerungen einiger durch ihre Leitammoniten eng zusammengehörige Zonen zusammengefasst sind.

Die sogenannten Zonenleitfossilien kennzeichnen Zonen oder Subzonen, also Untereinheiten der Zone, manchmal auch Unterstufen oder Stufen. Leitend können Gattungen oder Arten sein. Längere Zeitabschnitte sind durch Leitfossil-Gruppen charakterisiert, wie z.B. das Paläozoikum durch die Trilobiten.

Gut erkennbar und häufig!

Leitfossilien müssen gewisse Bedingungen erfüllen:

Das vertikale Auftreten im Gestein, also die "Lebensdauer" der Art, soll möglichst kurz sein; allerdings auch nicht zu kurz, weil sich sehr geringmächtige Zonen schwer auffinden lassen. Die horizontale Verbreitung aber soll großräumig, im erträumten Idealfall weltweit sein, um die Schichtparallelisierung über weite Strecken zu ermöglichen.

Die Art soll faziesunabhängig sein und in verschiedenen Lebensräumen = Ablagerungsbereichen vorkommen - Küste oder Schelf - und damit auch in verschiedenen Gesteinen wie z.B. Ton und Kalk.

Das Fossil soll gut erkennbar sein, sodass die Bestimmung schon im Gelände möglich ist (schwer erkennbare Leitfossilien, zu deren Bestimmung z.B. Schliffe nötig sind, sollten nur beim Fehlen anderer zuverlässiger Formen herangezogen werden).

Und schließlich sollten Leitfossilien häufig vorkommen: Das beste Leitfossil nützt nichts, wenn wir es nicht finden. Freilich werden wir immer wieder beobachten, dass dem relativ häufigen Auftreten am einen Fundort spärliches Vorkommen oder gar Ausbleiben der Leitform anderswo gegenübersteht. Darüber hinaus wurden im Bereich der klassischen Leitfossiligruppen teils Arten als Leitform gewählt, die derartig selten sind, dass dieser Nachteil durch nichts ausgeglichen werden kann.

Da sich marine Lebensformen einerseits sehr schnell ausbreiten, andererseits auch wesentlich größere Überlieferungschancen haben als terrestrische Organismen, bilden sie die Grundlege zur Gliederung der gesamten Erdgeschichte. Ausgenommen ist das Tertiär: Hier stellen landlebende Großsäuger wichtige Leitformen, denen die Foraminiferen- bzw. Nanoplankton-Zonierung gegenübersteht.

Die Zone

Der Beginn einer Zone ist durch das erste (früheste, tiefste) Auftreten der Leitform gekennzeichnet.

Wir können nun einwenden, dass die Ausbreitung einer "neuen" Art, die ja in einem begrenzten Gebiet zum ersten Mal auftrat, auch Zeit in Anspruch nimmt, der "Zonenbeginn" somit regional verschieden angesetzt werden müsste. Da derartige Vorgänge aber, wie Beispiele aus der heutigen Tierwelt zeigen ("Migration"), relativ schnell ablaufen, ist dies kein Problem: Zeiträume von 500 bis 1000 oder deutlich mehr Jahren für die Wanderung der neuen Art in weitentfernte Lebensräume können durchaus vernachlässigt werden, wenn eine Zone mehrere hunderttausend bis einige Millionen Jahre umfasst.

Kein schlagartiges Aussterben!

Daraus folgt, dass in einer Zone - nennen wir sie B - durchaus noch die Leitart der älteren Zone A vorkommen kann:
Die Zone B beginnt ja mit dem ersten Auftreten der Leitart b und nicht mit dem Erlöschen der Leitart a.
Was heißt, dass zwei Leitarten gleichzeitig auftreten können. Die Zone ist dann jedoch benannt nach dem Zonenleitfossil der jüngeren Zone, also nach b: "B-Zone".

Wichtige Fossilgruppen

Die Zonierung in den verschiedenen (großräumigen) Ablagerungsbereichen kann auch mit verschiedenen Zonenleitfossilien durchgeführt werden. In der nordwestdeutschen Kreide können also ganz andere Leitfossilien wichtig sein, als in gleichaltrigen Ablagerungen Frankreichs oder Englands. Überlappungen werden allerdings immer vorhanden sein, was die Korrelation vereinfacht.

Die folgende Aufstellung nennt die wichtigsten in den verschiedenen Systemen leitenden Fossilien.

Kambrium: Trilobiten, Brachiopoden.
Ordoviz: Graptolithen, Trilobiten, Brachiopoden.
Silur: Graptolithen, Brachiopoden, Ostrakoden, Nautiloideen.
Devon: Ammonoideen (Goniatiten, Clymenien), Korallen, Trilobite.
Karbon: Ammonoideen (Goniatiten), Foraminiferen, Brachiopoden, Conodonten, Korallen, Pteridophyten (farnlaubige Pflanzen). Perm: Ammonoideen (Goniatiten), Foraminiferen, Brachiopoden, Korallen, Pteridophyten, Gymnospermen (Nacktsamer).
Trias: Ammonoideen (Ceratiden), Muscheln.
Jura: Ammonoideen (Ammoniten), Ostrakoden, Foraminiferen.
Kreide: Ammonoideen (Ammoniten), Foraminiferen, Belemniten, Muscheln, Ostrakoden.
Tertiär: Säugetiere, Foraminiferen, Nanoplankton, Muscheln, Schnecken, Angiospermen, Sporen und Pollen.

Heute zieht man immer mehr die Mikrofossilien zur Zonierung heran, wodurch die klassischen Leitfossilien an Bedeutung verlieren.

 

 




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